Switch-Click-Microscopy

Chemische Schalter und Klickchemie zur hochauflösenden Mikroskopie

Licht für die Gesundheit

Licht hat das Potenzial, die Ursprünge von Krankheiten zu erkennen, ihnen vorzubeugen oder sie frühzeitig und schonend zu heilen. Mit Licht gelingen Darstellungen von mikroskopisch kleinen Abläufen, etwa innerhalb von lebenden Zellen, in extrem kurzer Zeit und "berührungslos" - also ohne biologische Prozesse zu stören oder sie zu beeinflussen. Sie sind damit in vielen Bereichen potenziell schneller und schonender als konventionelle Verfahren. Hierzu gehört insbesondere die Aufklärung der Pathogenese vieler Erkrankungen, welche in der Folge eine verbesserte Prävention, Diagnostik und Therapie ermöglicht. Zu nennen sind aber auch Anwendungen in Biotechnologie und Umweltschutz. Innovationen aus den optischen Technologien haben in den Lebenswissenschaften bereits heute erhebliche wirtschaftliche Bedeutung und sichern Arbeitsplätze in Deutschland. Der weltweite Umsatz in diesem Marktsegment beträgt etwa 65 Milliarden Euro, an dem Deutschland einen Anteil von ca. 10 Mrd. Euro (15%) hat. Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, diese Anwendungspotenziale weiter auszuschöpfen.

Wie vermehrt sich das HIV?

Bei der Vermehrung des HIV (Humanes Immundefizienz-Virus) in AIDS-Patienten (acquired immuno deficiency syndrome) fällt einem Protein (Nef) des Virus eine Schlüsselrolle bei der Beeinflussung bestimmter weißer Blutzellen (T-Zellen) zu, die der Immunabwehr dienen. Bislang reichen die zeitliche und räumliche Auflösung optischer Mikroskopie aber nicht aus, um diese molekularen Abläufe zwischen viralem Protein und T-Zellen zu untersuchen und daraus innovative Therapieansätze zu entwickeln.

Ziele des Konsortiums sind daher die Realisierung und Erforschung neuer biomedizinischer Werkzeuge zur hochauflösenden Untersuchung zellulärer und viraler Strukturen am Beispiel des HIV. Es sollen neue Markierungsmethoden erforscht werden, mit denen die relevanten Proteine und deren Dynamik mit hoher räumlicher (ca. 20 nm) und zeitlicher Auflösung (ca. 100 ms) abgebildet werden können.

Neue optische Werkzeuge unterstützen die Suche nach neuen AIDS-Medikamenten

Zur Untersuchung der interessierenden molekularen Abläufe sollen spezielle Farbstoffe (sogen. Fluoreszenzsonden) an das Zielprotein gekoppelt und mikroskopisch nachgewiesen werden. Diese Fluoreszenzsonden können reversibel geschaltet werden. Hierbei wird ihre Befähigung beeinflusst, Licht nach geeigneter optischer Anregung auszusenden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Fluoreszenzsonden werden die neuen Sonden nicht durch Licht, sondern bei Zugabe bestimmter Moleküle chemisch geschaltet. Optische Anregung und optische Detektion der Sonden sind somit vom Schaltprozess entkoppelt und können davon unabhängig zur Erhöhung der Auflösung weiter optimiert werden.

Gleichzeitig soll ein Verfahren zur direkten Markierung der Zielproteine erforscht werden, bei dem die Sonden ohne Antikörper oder zusätzliche Proteine an das Zielprotein Nef oder seine zellulären Zielstrukturen gebunden werden. Dadurch kann die Sondendichte erhöht werden, was eine verbesserte Auflösung ermöglicht.

Außerdem wird ein Anregungs- und Detektionsmodul konzipiert und realisiert, um die Vorteile dieser neuen Fluoreszenzsonden und Markierungsmethoden ausnutzen zu können. Dabei sollen auch spektrales Multiplexing und 3D-Bildgebung ermöglicht werden. Die Einbindung einer universellen Schnittstelle sichert dabei nicht nur den breiten, sondern auch kostengünstigen Einsatz an gängigen Mikroskopie-Plattformen. Untersuchungen an Referenzstrukturen werden die Vergleichbarkeit der experimentellen Ergebnisse mit elektronenmikroskopischen Strukturinformationen ermöglichen.

Die neuen Methoden werden quantitative und zeitaufgelöste Informationen über den Einfluss des viralen Proteins Nef auf die Beeinflussung der T-Zellen liefern und damit eine gezieltere Suche nach neuen AIDS-Wirkstoffen unterstützen.

Molekulare Mikroskopie ist ein Wachstumsfeld ähnlich der Molekularbiologie vor 20 Jahren, denn sie bietet einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis biologischer Prozesse. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Verfügbarkeit von apparativer Ausstattung und geeigneten Reporter-Labels und Sonden zur Zielvisualisierung. Damit deckt das Konsortium sowohl in Forschung und Entwicklung als auch in der angestrebten Kommerzialisierung alle Ebenen ab und kann den sich rasch entwickelnden Markt der Hochauflösungsmikroskopie in voller Breite bedienen: TILL Photonics GmbH wird aus den Projektergebnissen eine universelle Mikroskopieeinheit entwickeln und vertreiben, für die TOPTICA Photonics AG angepasste Lichtquellen bereitstellen wird. Die geeigneten schaltbaren Fluoreszenzsonden werden von ATTO-TEC GmbH synthetisiert werden, wobei Moleküle zur Kopplung an die Zielproteine von Sirius Fine Chemicals SiChem GmbH eingesetzt werden.

Projektdetails

Koordination

Dr.Dirk-Peter Herten
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - Fakultät für Chemie und Geowissenschaften - Physikalisch-Chemisches Institut
Im Neuenheimer Feld 229, 69120Heidelberg
+49 6221 54-51220

Projektvolumen

4,3 Mio. € (Förderquote 65%)

Projektdauer

01.10.2013 - 30.09.2017

Projektpartner

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - Fakultät für Chemie und Geowissenschaften - Physikalisch-Chemisches InstitutHeidelberg
ATTO-TEC GmbHSiegen
FEI Munich GmbHGräfelfing
TOPTICA Photonics AGGräfelfing
Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL)Heidelberg
Sirius Fine Chemicals SiChem GmbHBremen
Julius-Maximilians-Universität Würzburg - Fakultät für Biologie - Biozentrum - Theodor-Boveri-Institut für Biowissenschaften - Lehrstuhl für Biotechnologie und BiophysikWürzburg
PicoQuanT GmbH. Unternehmen für optoelektronische Forschung und EntwicklungBerlin