Künstliche Mottenaugenstrukturen zur Entspiegelung optischer Materialien

Explorative Forschung
29.08.2017
Erstellt von BMBF-Verbundprojekt NeoMAT

BMBF-Projekt NeoMAT erforscht nanostrukturierte Entspiegelung durch Selbstorganisation und Trockenätzprozesse.

Extreme Vergrößerung von unregelmäßig, eng angeordnete Noppenstruktur
Künstlich hergestellte Mottenaugenstrukturen in Quarzglas. Bild: Max-Planck-Institut für intelligente Systeme

Bemerkt oder unbemerkt beeinflusst optische High-End-Technologie beinahe alle Bereiche unseres modernen Lebens. Die Anwendungsvielfalt reicht von Miniaturkameras in modernen Kommunikationsmitteln über medizinische Diagnose- und Therapieinstrumente bis zu Hochleistungslasersystemen in der industriellen Produktion.

Unabhängig von der Anwendung sind diese optischen Systeme oft von störenden Reflexionen betroffen, so dass für eine optimale Funktion die Entspiegelung jeder einzelnen optischen Oberfläche notwendig ist.

Gegenwärtig werden zur Entspiegelung dünne Schichtsysteme eingesetzt, die jedoch vor allem bei anspruchsvollen Anwendungen schon heute an ihre Grenzen stoßen und den steigenden Anforderungen der Zukunft nicht mehr gewachsen sein werden. So wirken dünne Schichten beispielsweise nur für einen vergleichsweise kleinen Wellenlängenbereich und können sehr hohen Laserleistungen, wie sie zur Metallbearbeitung genutzt werden, kaum widerstehen.

Eine leistungsfähige Alternative zu Antireflexschichten wurde in der Natur auf den Augen von nachtaktiven Insekten entdeckt und ist daher als Mottenaugenstruktur bekannt. Es handelt sich um entspiegelnd wirkende Nanostrukturen, die für viele Anwendungen wesentliche Verbesserungen versprechen und sogar völlig neue Lösungsansätze eröffnen.

Ziel des NeoMAT-Projekt ist es, neue Entspiegelungsverfahren auf Basis von Nanostrukturen zu entwickeln, die zum einen die Beschränkungen von herkömmlichen Schichtsystemen überwinden, zum anderen flexibel auf vielfältige optische Substratmaterialien angewandt werden können. Gleichzeitig dürfen die entwickelten Verfahren nicht deutlich teurer als die etablierten Entspiegelungsverfahren sein, um einen breiten Markt bedienen zu können.

Die technische Basis der Entspiegelung mit Nanostrukturen besteht aus der Kombination aus einem Selbstorganisationsprozess, mit dem eine Maske aus lateral geordneten Nanopartikeln erzeugt wird, und einem physikalisch-chemischen Trockenätzprozess, der zur Strukturübertragung von der Maske auf das optische Material genutzt wird. Da viele Hochleistungsmaterialien chemisch stabil oder besonders hart sind, werden zudem Zwischenschichten eingesetzt, um eine optimale Strukturübertragung zu erreichen.

Zunächst wird die erzeugte Nanopartikelmaske zur Strukturierung der Zwischenschicht genutzt und anschließend in einem zweiten Ätzschritt in das darunter liegende optische Material übertragen. So können Nanostrukturen hergestellt werden, die durch eine überaus leistungsfähige optische Wirkung überzeugen.

Im Projekt werden außerdem durchgehend wichtige anwendungsrelevante Aspekte wie mechanische und thermische Stabilität, Widerstandsfähigkeit gegen hohe Laserenergien sowie adäquate Reinigungsprozesse untersucht.

Mit der der Ernst-Abbe-Hochschule Jena, dem Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme und der TRUMPF Laser GmbH haben sich in dem Verbund Partner aus der Grundlagenforschung, der angewandten Forschung und der optischen Industrie zusammengeschlossen. Damit werden alle Ebenen der Wertschöpfungskette adressiert, um die grundlegenden Forschungsergebnisse für die industrielle Verwertung zu validieren. Als weiterer Partner tritt während der Laufzeit eine Ausgründung der Wissenschaftspartner als Start-Up Unternehmen in das Projekt ein. Dieser Partner strebt die anschließende Verwertung der Projektergebnisse an, beispielsweise indem er als Zulieferer für die im Projekt beteiligten Industriepartner fungiert.

Das NeoMAT Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Initiative „Photonik Plus – neue optische Basistechnologien“ von Februar 2017 bis Januar 2020 mit rund 870.000 Euro gefördert.